Eigenkapital 2: Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital
Im ersten Teil dieser Artikelserie hast du etwas zum Thema Eigenkapital und Eigenkapitalrendite gelernt.
Zusätzlich hast du erfahren, warum du deine Bank nicht als Spielverderber sehen solltest, sondern als doppelten Boden.
Aber ein Thema ist offen geblieben.
Die Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital.
Du hast erfahren, dass einige Banken so eine Finanzierung anbieten.
Daher wollen wir uns in diesem zweiten Artikel etwas genauer mit der Finanzierung ohne Eigenkapital beschäftigen.
Viel Spaß beim Lesen.
Kannst du überhaupt ohne Eigenkapital finanzieren?
Gibt es sowas wie 100 % Finanzierung überhaupt?
Was meine ich überhaupt mit einer 100 % Finanzierung? Gibt es sogar eine 115 % Finanzierung oder noch höher?
Wie der Name schon sagt, ist eine 100 % Finanzierung eine ohne Eigenkapital.
Hier zahlst du nur die Nebenkosten (ja, die musst du bei einer 100 % Finanzierung schon bezahlen ;P)
Bei einer 115 % Finanzierung übernimmt die Bank somit auch die Nebenkosten für dich.
Das hat für dich einen zusätzlichen positiven Effekt.
Durch den Leverage-Effekt steigt deine Rendite ins Unermessliche.
Ist das nicht der Wahnsinn? 😀
Wenn du eine 115 % Finanzierung erhältst, dann ist deine Rendite sogar unendlich!
Wow!
Wenn das kein Grund ist sofort alle Investments ohne Eigenkapital durchzuführen. Welchen gibt es dann?
Moment!
Hier gibt es noch Einiges zusagen.
So eine Finanzierung bekommt nicht jeder
Ja, es gibt Banken die solche Finanzierungen anbieten. Und es werden durch die niedrige Zinspolitik immer mehr.
Trotzdem ist es noch der geringere Teil der Banken UND sie geben diese Finanzierung nicht an jeden.
Damit du solch eine Finanzierung erhältst, musst du einige Voraussetzungen erfüllen.
Wie du im ersten Teil erfahren hast, prüft deine Bank dein Investment genau.
Das macht sie aus zwei Gründen:
- Sie muss Auflagen erfüllen
- Sie möchte ihr Risiko so gering wie möglich halten.
Aus diesem Grund wird sie dein Investment und vor allem dich gründlich durchchecken.
Aber warum prüft die Bank nicht nur dein Investment, sondern auch dich?
Gute Frage, einfache Antwort.
Die Bank möchte feststellen, ob du die Rate auch tragen kannst, sollte eine Miete mal ausbleiben.
Außerdem möchte sie keine Kredite an jemanden geben, der vielleicht gerade in der Insolvenz steckt.
Sprich:
Finanzierungen ohne Eigenkapital sind möglich, aber es ist schwer an sie heranzukommen.
Meist bekommen nur die Besserverdiener diese Finanzierung oder wenn du ein Top Investment hast, welches du erheblich unter dem Marktwert eingekauft hast.
Was meine ich mit erheblich unter dem Marktwert?
Ein Beispiel:
Du kaufst eine Eigentumswohnung. Diese hat einen Marktwert von 200.000,- EUR. Du kaufst sie aber für 80.000,- EUR.
Damit sparst du satte 120.000,- EUR.
Hier ist eine Finanzierung ohne Eigenkapital möglich. Denn die Bank verwendet nicht den kompletten Beleihungswert der Immobilie.
Also:
Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital sind möglich!
Nicht jeder bekommt eine Finanzierung ohne Eigenkapital.
Solltest du deine Finanzierung ohne Eigenkapital durchführen?
Aber solltest du so eine Finanzierung auch wirklich durchführen?
Was für eine Frage.
Natürlich!
Deine Rendite steigt ins Unendliche und viele große Marktplayer machen es doch nicht anders.
Also warum solltest gerade du das anders machen?
Ja, deine Rendite steigt ins Unendliche. Und ja, viele der großen Marktplayer machen es so.
ABER:
Die wissen mittlerweile auch, wie der Hase läuft.
Als Anfänger stehst du noch ganz am Anfang.
Du musst dich erst einmal in das Thema einarbeiten und wissen, wie du die Immobilien richtig zu bewerten hast.
Außerdem musst du immer bedenken, wenn deine Rendite steigt, dann steigt auch automatisch dein Risiko.
Sprich, wenn du eine unendliche Rendite hast, dann hast du auch ein unendlich hohes Risiko!
Das muss dir immer bewusst sein.
Risiko und Rendite sind eng miteinander gekoppelt.
Risiko und Rendite sind eng miteinander gekoppelt.
Überlege doch einmal:
Eine Immobilie die 100.000,- EUR kostet wird dir angeboten.
Du erwirbst sie und nimmst dafür ein Darlehen von 115.000,- EUR auf (Kaufpreis plus Nebenkosten).
Für die Finanzierung deines Investments verwendest du kein Eigenkapital.
Alles läuft in den ersten Jahren super, doch dann fällt auf einmal die Miete aus.
Was nun? Nun wird die Rate für die Bank weiterhin fällig.
Du versuchst den Mieter zu überzeugen, die Miete endlich zu zahlen, aber dieser weigert sich, da er kein Geld mehr hat.
Du wirst immer nervöser, denn wenn der Mieter nicht zahlt, musst du die monatliche Rate von 5.000,- EUR zahlen.
Hast du das Geld einfach locker?
Also bei mir sieht das bei so einer Summe schlecht aus.
Ja, du bildest natürlich Rücklagen für solche Fälle. Aber wie lange reichen die?
Und was ist, wenn der vorher zuverlässige Mieter auf einmal das Land verlassen hat und du ihn rausklagen musst?
Dann wird aus dem tollen Investment auf einmal ein finanzielles Desaster.
Und du hast Schulden ohne Ende.
Warum?
Die Bank wird deine Immobilie zwangsversteigern. Dabei wird oft nur ein Wert von 80 % des Marktwertes erreicht.
Also sagen wir mal 80.000,-EUR. Du hast aber einen Kredit von 115.000,- EUR aufgenommen.
Bleibt eine Differenz von 35.000,- EUR !
Diesen Wert möchte die Bank natürlich von dir haben.
Sprich, du musst eine monatliche Rate an die Bank zahlen.
Und das obwohl du keine Immobilie mehr hast.
Ich weiß. Ich habe das Szenario ein wenig überdramatisiert.
Aber:
Das kann sehr leicht passieren im Immobiliengeschäft!
Daher ist es wichtig, dass du immer eine Liquiditätsreserve einplanst.
Lieber eine niedrigere Rate und dafür eher mal eine Sondertilgung leisten. Denn so bist du für den Fall der Fälle gewappnet.
Also solltest du Finanzierungen ohne Eigenkapital vornehmen?
Ich würde dir davon abraten.
Auf alle Fälle für den Anfang.
Wie es später aussieht, hängt ganz von deiner Strategie ab. Und von deiner persönlichen Risikoneigung 🙂
Vor- und Nachteile deiner Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital
Was sind eigentlich die Vor- und die Nachteile einer 100 % Finanzierung?
Die Vorteile liegen ja klar auf der Hand:
- Du musst kein Eigenkapital aufbringen
- Dein angespartes Geld bleibt auf dem Sparkonto oder wo du es auch hast
- Du hast Reserven
- Du kannst dein Geld anders verwenden (zum Beispiel für die Renovierung)
Bei den Nachteilen muss man schon etwas nachdenken:
- Deine Kreditsumme ist höher
- Der Zinssatz ist schlechter
- Die Rate ist höher
- Dein Risiko steigt enorm
Die Vorteile sind selbsterklärend. Daher lass uns mal die Nachteile im Einzelnen anschauen.
Deine Kreditsumme wird höher
An sich logisch. Wenn du deine Finanzierung ohne Eigenkapital aufsetzt, wird dein Fremdkapital höher.
Aber warum ist das ein Nachteil?
Denn es ist ja das Ziel, ohne Eigenkapital zu finanzieren?
Ja und nein.
Du sollst so wenig Eigenkapital wie möglich verwenden, um deine Rendite zu steigern.
Aber wenn du dein Investment nur mit Fremdkapital ausstattest, kann das schwere Folgen haben. Erinnere dich an das Beispiel von weiter oben.
Daher merke dir den Grundsatz:
So viel Eigenkapital wie möglich, so wenig wie nötig.
Dein Zinssatz wird schlechter
Der liebe Zinssatz. Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen.
Wenn du eine Finanzierung aufnimmst, musst du natürlich Zinsen an die Bank zahlen. (Warum würde sie dir sonst Geld “leihen”? :D)
Und die Bank nimmt für Finanzierungen, die über den Beleihungswert sind einen “kleinen” Strafzins.
Warum ich diesen als “klein” bezeichne, kannst du in diesem Artikel vom Finanzglück-Blogger Nico nachlesen.
Aber sei nicht zu schockiert.
Deine monatliche Rate an die Bank wird höher
Durch deine höhere Kreditsumme und deinen höheren Zinssatz wird natürlich auch deine Rate an die Bank höher.
Ein Beispiel:
Du möchtest eine Eigentumswohnung für 100.000,- EUR kaufen. Du hast von deiner Bank zwei Angebote:
- Finanzierung von 75.000,- EUR zu einem Zinssatz von 1,5 %
- Finanzierung von 100.000,- EUR zu einem Zinssatz von 2 %
Bei beiden Angeboten zahlst du eine anfängliche Tilgung von 2 %.
Wie sieht deine monatliche Rate aus?
Ganz einfach kannst du rechnen:
Finanzierungssumme x (Zinssatz + anfängliche Tilgung) / 100 %
Das sieht dann für unsere beiden Angebote wie folgt aus:
- 75.000,- EUR x (1,5 % + 2 %) / 100 % = 2.625,- EUR
- 100.000,- EUR x (2 %+ 2 %) / 100 % = 4.000,- EUR
Das sind nun die Ergebnisse für die jährliche Rate an deine Bank.
Damit du nun die monatliche Belastung heraus bekommst, musst du diese einfach durch 12 teilen.
Das wäre dann für 1.) 218,75 EUR und für 2.) 333,33 EUR.
Du musst monatliche satte 114,58 EUR mehr drauflegen.
Nur damit du die volle Summe finanzieren kannst.
Dein Risiko steigt enorm
Wenn deine Rendite ins Unendliche steigt, dann steigt natürlich auch dein Risiko ins Unendliche.
Das sollte dir immer bewusst sein.
Wenn du jetzt noch die drei Nachteile betrachtest, die du eben gelesen hast, wirst du dem zustimmen.
Durch die höhere Kreditsumme hast du das Risiko, dass bei einem Notverkauf noch eine Restschuld übrig bleibt.
Durch den höheren Zinssatz bekommst du eine schlechtere monatliche Rate, die deine Liquidität bedrohen kann.
Eine geringere Liquidität kann sich böse auswirken, wenn der Mieter mal nicht zahlt.
Warum wollen so viele eine Finanzierung ohne Eigenkapital
Aber warum wollen überhaupt so viele eine Finanzierung ohne Eigenkapital?
Ich glaube, die Antwort darauf ist relativ simpel.
Eigenkapital ist Mangelware!
Auch bei vielen Investoren, die lange dabei sind.
Denn du musst dir dein Eigenkapital erst einmal ansparen. Und das dauert.
Daher wollen viele ohne Eigenkapital finanzieren, da sie es einfach nicht haben.
Das ist ein verständlicher Grund.
Aber genau deswegen würde ich noch weniger eine 100 % Finanzierung durchführen.
Warum?
Wenn du kein Eigenkapital hast, um dir die Immobilie zu kaufen, wie sollst du dann Notfälle wie dringende Reparaturen oder Mietausfälle kompensieren?
Und das am Besten noch so, dass dir nicht die ganze Finanzierung um die Ohren fliegt?
Richtig!
Das ist schwer bis unmöglich.
Daher würde ich hier immer davon abraten, eine 100 % Finanzierung abzuschließen.
Wie sieht es da bei dir aus?
Fazit
Eine Finanzierung ohne jegliches Eigenkapital ist möglich.
Sie steht zwar eher den Besserverdienern zur Verfügung oder wenn du ein Top-Investment hast, aber die Möglichkeit besteht.
Aber solltest du diese Möglichkeit auch wahrnehmen?
Ich würde sagen grundsätzlich nein.
Warum nicht?
Dein Zinssatz wird enorm schlechter, deine monatliche Rate erhöht sich dramatisch und dadurch sinkt natürlich auch deine Liquidität.
Diese drei Faktoren alleine erhöhen schon enorm dein Risiko.
Dazu kommt dann auch noch, dass du durch die höhere Finanzierung das Risiko eingehst, bei einer Zwangsversteigerung immer noch auf einem riesigen Schuldenberg sitzen zu bleiben.
Dann spare ich lieber mein Eigenkapital an und warte dann lieber noch ein Jahr mehr.
Aber wie viel Eigenkapital solltest du denn nun mitbringen?
Und was kannst du machen, wenn du nicht so viel hast?
Das erfährst du im dritten Teil dieser Artikelserie. Er erscheint am 18.02.2018, wie gewohnt hier auf meinem Blog.
Bis dahin wünsche ich dir viel Erfolg mit deinen Investments.
Koalastarke Grüße
Björn
Call-To-Action
Jetzt würde mich brennend interessieren, wie du das Ganze siehst?
Würdest du eine Finanzierung ohne Eigenkapital durchführen? Oder hast du so eine Finanzierung durchgeführt?
Ich bin gespannt auf deinen Kommentar.
2 Comments
Hallo Björn,
ein interessanter Beitrag und ein Thema, dass mich auch beschäftigt. Ich bin bei dem Thema ein bisschen hin- und hergerissen.
Erlaube mir vorab einen Hinweis. Mir fehlt ein wenig die Differenzierung zwischen Eigennutzung und Vermietung. Wer die Immobilie selber nutzen möchte, „zufällig“ eine günstige Gelegenheit findet aber kein Eigenkapital hat / oder als Reserve behalten möchte, steht vor einer schweren Wahl. Die 100 % Finanzierung kann hier eine Option sein.
Der Eigennutzer erspart sich außerdem mit der Möglichkeit eine doppelte Belastung für die „Eigenkapital Ansparphase“. Zum einen dürfen diese in der Zeit die Miete zahlen und zum anderen Eigenkapital für den Hauskauf ansparen. Wer 20 oder sogar 30% Eigenkapital (vielleicht sogar plus Nebenkosten?) ansparen möchte, braucht dafür einiges an Zeit.
Die Vor- und Nachteile bleiben dabei natürlich stets abzuwägen…
Wer eine Immobilie als Wertanlage zur Vermietung kaufen will, kann mit einer 100% Finanzierung ebenfalls Spaß haben. Wie du aber so schön schreibst, sollte er ausreichend Reserven in der Rückhand haben und Unwägbarkeiten mit einplanen. Es geht mal eine Heizung kaputt oder die Wohnung bleibt vorübergehend leer. Wer da nichts auf der Kante hat und Hausverwaltung und Bank bedienen will, hat sich einiges vorgenommen.
Banken schauen hier oft, ob der Kreditnehmer die Raten aus dem monatlichen Haushaltseinkommen bedienen kann. Wer das nicht kann, ist oft schon raus…
Insbesondere ist bei dem Vermietungsfall die monatliche Belastung auf die Mieteinnahmen abzustimmen. Im besten Fall reicht die Miete für Bank, Hausverwaltung und Aufbau von Rücklagen für Instandhaltung Reparaturen etc. Denn Überraschungen gibt es mit Immobilien immer… Wer sich daran hält, wird (oder sollte) in vielen Fällen keine 100% Finanzierung in Erwägung ziehen 😉
Viel Erfolg
Fin
Hi Fin,
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar.
Ja, sowohl Eigennutzer als auch Investoren stehen bei dem Thema beide vor einer schweren Entscheidung. Daher ist es immer enorm wichtig die eigenen Finanzen und die geplante Anschaffung abzuwägen.
Das Eigennutzer viel Zeit für das Ansparen des EK brauchen da hast du vollkommen recht und das Kapital muss neben er Miete angespart werden. Aber dagegen musst du auch sehen, dass eine höhere Finanzierungssumme auch gleich eine höhere monatliche Rate bedeutet. Was wiederum zu einer höheren Belastung führt. Hier muss jeder selber für sich klären, ob er das dann noch stemmen kann oder nicht.
Aber wie du auch geschrieben hast, lieber etwas auf der hohen kante haben. Das kann man bei Immobilien nie zu oft sagen. Denn es kann immer etwas passieren.
Dir auch viel Erfolg.
Björn